Geschichte des k.u.k.
Infanterie Regiment Nr. 73 "Württemberg"
Im ersten Teil dieser Seite habe ich einige grundsätzliche Informationen über die k.u.k Armee zusammengestellt. Der zweite Teil stellt das Infanterie Regiment von seiner Gründung über die Ausrüstung bis zum Feldzug 1866 dar. Der Krieg gegen Preußen 1866 und der 1. Weltkrieg mit dem Ende der Donaumonarchie werden auf weiteren Seiten beschrieben. Den Verbindungen meiner Vorfahren mit dem Regiment ist eine eigene Seite gewidmet.
I. Geschichtliches und Allgemeines zur k.k. und zur k.u.k. Armee
Die kaiserlich-königliche (k.k.) Armee bis 1867
1769 wurde eine einheitliche Nummerierung der Infanterie Regimenter eingeführt. Die bis dato übliche Art, ein Regiment nach dem Namen des sogenannten „Regimentsinhaber“ zu bezeichnen, wurde jedoch oft beibehalten. Als Beispiel kann man hier das Infanterie Regiment 42, das auch noch 1793 „Erbachisches Regiment“ nach dem Inhaber Graf Carl Eugen von Erbach-Schönberg genannt wurde, nennen.
Die Bezeichnung Regimentsinhaber stammt aus der Zeit der Landsknechte. Da war der Feldhauptmann, der das Fähnlein gegen eine Geldsumme im Auftrag eines Fürsten geworben hatte, nicht nur militärischer Führer, sondern auch als Inhaber (Besitzer) für die Ausrüstung und Bezahlung verantwortlich. Dies hat sich später mit dem Übergang zu den stehenden Heeren geändert. Die Landesherren warben selbst ihre Regimenter, ernannten die Offiziere und bestimmten den Regimentsinhaber.
Im Jahre 1798 fand eine der ersten größeren Heeresreformen in der Habsburger Armee statt. Es wurden 62 Infanterie Regimenter aufgestellt, unter denen sich nun auch 15 aus den ungarischen Gebieten befanden, die als „ungarische Regimenter“ bezeichnet wurden.
Die kaiserlich und königliche (k.u.k.) Armee bis 1918
Nach dem Zusammenschluss 1867 mit Ungarn bestand die „Gemeinsame Armee“ neben den „österreich-ungarischen“ Landstreitkräften (Infanterie, Artillerie, Kavallerie) noch aus der k.u.k Kriegsmarine und der Landwehr. Die Landwehr wurde unterschieden in die königliche ungarische Landwehr (Honvéd) und die k.k. Landwehr in "Altösterreich".
Gemäß § 4 des Wehrgesetzes hatte die Landwehr folgende Aufgabe:
1868 wurde ein der Zeit angepasstes Wehrpflichtgesetz geschaffen. Die gesamte männliche Bevölkerung zwischen dem 21. und dem 42. Lebensjahr unterlag der allgemeinen Wehrpflicht. Diese gliederte sich in 3 Jahre aktiven Dienst (Nach 1912 wurde die aktive Zeit auf 2 Jahre reduziert), 7 Jahre in der Reserve (mit Einberufung zu Waffenübungen) und 2 Jahre in der Landwehr.
In der vielsprachigen k.u.k. Armee galt Deutsch als Kommandosprache. Jeder Soldat im Reich musste ca. 100 einschlägige deutsche Befehle kennen und verstehen. Daneben gab es auch noch die Regimentssprache, die von der Mehrzahl der Soldaten im jeweiligen Regiment gesprochen wurde. Jeder Offizier hatte diese Sprache innerhalb von drei Jahren zu erlernen. Das Infanterie Regiment 73 war ein rein deutschsprachiges Regiment.
II. Geschichte des k.u.k.Infanterieregiments „Albrecht von Württemberg“ Nr.73
1860 wurde auf Grund einer erneuten Heeresreform die Zahl der 62 Infanterie Regimenter auf 80 erhöht. Deshalb wurde am 01. Februar 1860 das Infanterie Regiment Nr. 73 aus dem 3. Bataillon und 200 Urlaubern (Reservisten) des Böhmischen Infanterie Regiments "Freiherr von Sterneck" Nr. 35 und dem 3. Bataillon und 600 Urlaubern des Böhmischen Infanterie Regiments "Ernst August Herzog von Cumberland, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg" Nr. 42 gebildet.
Die beiden 3. Bataillone (Baon) gingen mit dem gesamten Verwaltungs- und Materialbestand in das neue Infanterie Regiment (IR) 73 über. Das 3. Baon des IR 35 formierte das 1.Baon und das 3. Baon des IR 42 wurde zum 2. Baon und die 800 Urlauber beider Regimenter bildeten das 3.Baon des neuen IR 73. Die Offiziere des neuen 3. Baon rekrutierten sich aus dem IR 55. Zum Inhaber des Regimentes wurde Alexander Graf von Mensdorff-Pouilly ernannt.Der Regimentsstab sowie das 1. und 2. Baon wurden am Tage der Errichtung in Krakau stationiert. Das 3. Baon wurde in Eger aufgestellt und blieb zunächst dort stationiert.
Als Ergänzungsbezirk (der Bereich aus dem die Wehrpflichtigen fürs Regiment kommen) wurde das westliche Böhmen mit dem Egerland und die Bezirkshauptmannschaften Asch, Eger, Plan, Tepl, Karlsbad, Elbogen, Falkenau, Graslitz, Joachimsthal, Weipert, Luditz, Podersam, Kaaden, Komotau, Saaz, Brüx und Teplitz zugewiesen. Allerdings wurde diese Einteilung in den folgenden Jahren mehrfach geändert.
Uniform
Als Erkennungszeichen für das neue Regiment wurde „Kirschrot“ für die Aufschläge (Ärmel und Kragen) mit gelben (goldfarbenen) Knöpfen bestimmt. Die bis 1868 übliche weiße Uniform der Infanterie wurde später in einen blauen Waffenrock mit blau-grauer Hose geändert.
Regimentsfahne
Am 18. Mai 1862 wurde für das Regiment eine neue Fahne in der Bernardiner Kirche in Krakau geweiht. Hier in Auszügen die Original Beschreibung der Zeremonie von Major Karl Ladek in seinem Buch „Geschichte des k. u. k. Infanterieregimentes Albrecht Herzog von Württemberg Nr. 73“:
Regimentsinhaber
1865 wechselte die Regimentsinhaberschaft von Alexander Graf von Mensdorff-Pouilly zu Herzog Wilhelm von Württemberg und 1898 durch seinen Tod zu Herzog Albrecht von Württemberg, der bis zur Auflösung des Regimentes 1918 Inhaber blieb. Durch diese beiden letzten Regimentsinhaber hatte sich der Beiname „Württemberger Regiment“ und durch den Ergänzungsbezirk auch „Egerländer Regiment“ eingebürgert.
Jicin und Königgrätz
1866 erhielt das Regiment im Deutschen Krieg gegen Preußen bei der Schlacht in Lochow bei Jicin am 29. Juni 1866 seine Feuertaufe und verlor durch Tod oder Verwundung über 560 Mann. Wenige Tage später, am 03. Juli 1866, sollte nicht nur für das IR 73, sondern für die gesamte Armee der Donaumonarchie zum Desaster werden.
Auf einer Fläche von ca. 50 km² kämpfte die Preußische Armee mit ca. 290.000 Mann gegen eine ca. 280.000 Mann starke Allianz aus k.u.k. Armee und Sächsischer Armee. Am Ende des Feldzuges verzeichnete die Österreichische Seite ca. 10.000 Tote, 12.000 Vermisste (von denen die meisten ebenfalls tot waren), ca. 30.000 Verwundete, 22.000 österreichische Soldaten in Preußischer Gefangenschaft und ca. 6.000 verendete Pferde. Bei diesen Zahlen beziehe ich mich auf die offiziellen Angaben aus dem österreichischen Generalstab (Hauptmann Otto Berendt, Zahl im Krieg, Statistische Daten aus der neueren Kriegsgeschichte, Wien 1897).
Königgsgrätz kann sicher als der großer Wendepunkt in der Schlachttaktik der k.u.k. Armee gesehen werden. Die bis dahin übliche Taktik der Österreichischen Infanterie war, vorbereitet durch massives Artilleriefeuer, die feindlichen Linien durch sehr schnelles Vorrücken und mit Bajonettkampf unterstützt, den Feind über den Haufen zu rennen (Stoßtaktik ). Diese scheiterte allerdings am neuen Zündnadelgewehr (Hinterlader) der Preußischen Infanterie kläglich. Die Treffergenauigkeit des neuen Gewehres war zwar auf weitere Distanz nicht sehr groß, allerdings konnte man nahezu die doppelte Anzahl an Schüssen pro Minute abgeben. Der größte Vorteil jedoch lag darin, dass dieses Gewehr auch im Liegen, also in Deckung, geladen werden konnte, während die österreichische Infanterie im Kugelhagel stehend ihre Vorderladergewehre stopften.
Ich möchte hier die von Major Karl Ladek, Prag 1912, beschrieben Königgrätzer Gefechtssituation im Original wiedergeben. Wie zu dieser Zeit üblich, wird der Heldenmut und die Todesverachtung der Soldaten hier sehr pathetisch und vermutlich wenig realistisch dargestellt.
In der Schlacht bei Königgrätz hatte Müller (Infanterist, Josef Müller, 7.Komp) erst den zweiten Schuß abgegeben, als ihm eine feindliche Kugel den Schaft seines Gewehres zerschmettert und ihm den linken Elbogen bis zur Schulter aufriß. Seiner schweren Verwundung nicht achtend, warf er sein unbrauchbar gewordenes Gewehr weg ergriff das eines Toten und begann ruhig weiter zu feuern. Noch waren keine zwei Minuten verstrichen, als ein feindlicher Granatsplitter seine Patronentasche traf und ein Teil der Munition in die Luft flog. Müller schwankte nur eine Sekunde, denn schon in der nächsten hatte er die Patronentasche eines verwundeten auf der Erde liegenden Kameraden ausgeleert. Es ist der kritische Augenblick der Schlacht. – Wie Hagelkörner prasseln die feindlichen Infanteriegeschosse in unser Regiment und mähen im Verein mit dem mörderischen Schrapnell- und Kartätschenfeuer ganze Reihen unserer braven Egerländer nieder. Alles dies hinderte den Helden Müller nicht, sein Feuer ruhig wie bei einer Friedensübung auf den Feind abzugeben….[Müller fiel später beim Sturmangriff auf Chlum - Anm. d. Verf.]
Auf der Seite 1866 Königgrätz wir der Feldzug gegen Preußen detaillierter beschrieben.
Im Frieden 1867-1914
Die Jahre von 1867 bis zum Kriegsausbruch 1914 brachten neben verschiedenen Umgliederungen noch weitere Veränderungen für das Regiment und die gesamte k.u.k. Armee.
Das Regiment machte in dieser Zeit nicht nur militärisch von sich reden, sondern auch künstlerisch. Anlässlich der Weltausstellung in Paris am 21.07. 1867 sollte ein Wettstreit der europäischen Militärmusiken stattfinden. Nach einem internen Auswahlverfahren wurde die Regimentskapelle des IR 73 ausgewählt, um die Donaumonarchie zu vertreten und gewann den ersten Preis, eine goldene Medaille und 3500 Franc in Gold.
1868 wurde das neue Wehrpflichtgesetz eingeführt und die Dienstgradbezeichnung „Gemeiner“ gegen den „Infanterist“ ausgetauscht. Die weiße Uniform wurde abgeschafft und ein blauer, leicht taillierter Rock mit ähnlich blauer Hose eingeführt. Die Kragen- und Ärmelaufschläge der Uniform zeigten die Regimentsfarbe und vorne wurde sie mit 6 großen, glatten Metallknöpfen (je nach Regiment in goldfarben oder silbern) geschlossen. Auf jeder Schulter war eine Klappe aus dunkelblauem Tuch in die Ärmelnaht eingenäht. Die verstellbare Schulterklappe diente zum Festhalten des Riemenzeuges und des gerollt über die Schulter getragenen Mantels. Darüber hinaus war auf jeder Schulternaht eine Wulst aus dunkelblauem Tuch eingenäht, die das Herabrollen des Gewehrriemens verhindern sollte.
In den Folgejahren gab es noch einige kleinere Veränderungen an der bis zum Ende der Monarchie 1918 getragenen Uniform.
Neben einem neuen Hinterladergewehr, dem Repetiergewehr M.1890 System Mannlicher mit einem messerförmigen Bajonett M.1888, wurden auch ein „Zwei-Mann-Kochgeschirr“ und ein neuer (Linnemannscher) Spaten eingeführt.
Im Jahre 1891 wurde vom Regiments-Kapellmeister Wendelin Kopetzky der Egerländer Marsch komponiert und in Pilsen zum ersten Mal gespielt. Obwohl er nicht der "offizielle" Regimentsmarsch des IR 73 ist, wurde er weltberühmt.
Ein weiterer Schritt zu „moderner Waffentechnik“ war 1907 die Einführung eines Maschinengewehres vom Typ „Schwarzlose M 7“, so dass bei jedem Infanterie Regiment 3 MG Abteilungen mit jeweils 2 Maschinengewehren aufgestellt wurden.
Im 1.Weltkrieg
Am 26.07.1914 um 01:00 Uhr erhielt das Regiment den Mobilmachungsbefehl für den „Balkankrieg“.
In Eger erfolgte sofort die Einberufung der Beurlaubten und Nichtaktiven und die Vorbereitungen, um das Regiment „kriegsmarschmäßig“ auszurüsten. Das 1. und 2. Bataillon verlegte am 29.07.1914 per Eisenbahn von Prag nach Eger, um dort die Ausrüstung zu vervollständigen. In Eger angekommen, erfolgten nach damaligen Zeitungsberichten noch nie dagewesene frenetische Beifallsstürme von tausenden von Menschen, als die Bataillone in die Infanterie Kaserne zogen. Das 3. Baon wurde zum Schutz des Armee-Oberkommandos nach Serbien verlegt.
Das Infanterie Regiment 73 kämpfte überwiegend an der Süd-Ost-Front in Serbien, Russland, Italien, Tirol und mehrfach am Isonzo bis zum Piave und wurde mehrere Male im Heeresbericht des Generalstabes erwähnt, wie das folgende Beispiel, Auszug aus dem österreichisch-ungarischen Heeresbericht vom 06.Dez.1917, zeigt:
Auf dieser Seite stelle ich das k.u.k. Infanterie Regiment 73 detaillierter während dem 1. Weltkrieg dar.
Das Ende
Nach dem Waffenstillstand im November 1918 und der daraus resultierte bedingungslose Kapitulation der k.u.k. Armee, gelang es großen Teilen des IR 73 ohne Gefangennahme in fast geordneter Formation zurück in die Heimat zu verlegen.
Am 14. Nov 1918 trafen das k. u. k. Infanterie Regiment Nr. 73 und das k.k. Landwehr Infanterie Regiment Nr. 6 in ihrem Heimatstandort in Eger ein und wurden in den folgenden Tagen für immer aufgelöst.
Die beim Ersatzbataillon in Prag aufbewahrte Regimentsfahne wurde während der Plünderungen der k.u.k. Kasernen durch tschechische Legionäre im Nov. 1918 vom Fahnenschaft gelöst und mit den Fahnenbändern nach Eger gebracht. Fast alle Fahnenbänder sind seit dieser Zeit verschwunden, die Fahne jedoch wurde nach Auflösung des Regiments durch den damaligen Hauptmann Johann Böhm heimlich verwahrt und Jahre später an das Heeresmuseum in Wien übergeben.