Geschichte des k.u.k.
Infanterie Regiment Nr. 73 "Württemberg"
Seit dem Aufstieg Preußens zur zweiten deutschsprachigen Großmacht im 18. Jahrhundert schwelte die Rivalität um die Vorherrschaft in Deutschland. Zwar hatte das Habsburger Reich gemeinsam mit Preußen Napoleon besiegt und nach der Gründung des Deutschen Bundes 1815 eine politische Stabilität in Mitteleuropa sichergestellt, doch die Spannungen nahmen von Jahr zu Jahr zu.
Unmittelbarer Auslöser des Krieges von 1866 war der Konflikt um Schleswig-Holstein. Zusammen hatten Österreich und Preußen 1864 den Krieg gegen Dänemark um Schleswig-Holstein und Lauenburg siegreich geführt und die Herzogtümer annektiert.
Die Meinungsverschiedenheiten um die Verwaltung der Herzogtümer führten letztendlich zu einer Mobilisierung der Österreichischen Armee 1866 und die Besetzung von Holstein durch 14.000 Mann der Preußischen Armee. Dieses Vorgehen stellt einen Bruch der Verträge dar und führte zur Auflösung des Deutschen Bundes. Der größte Teil der deutschen Mittel- und Kleinstaaten, die die preußische Dominanz fürchteten, standen auf der Seite von Österreich. Nur die kleinen norddeutschen Staaten und die Thüringer Herzogtümer verbündeten sich mit Preußen.
Am 16. Juni 1866 überschritten preußische Truppen die Sächsische Grenze, daraufhin zog sich die sächsische Armee nach Böhmen zurück. Im Norden von Böhmen stand das I. österreichische Korps unter General Clam-Gallas bereit, um den Rückzug der Sachsen zu decken und die Preußische Armee am weiteren Vorgehen zu behindern.
Als Feldzeugmeister (FZM) Ludwig August von Benedek
am 9. Mai 1866 das Kommando über die Nord-Armee offiziell übernahm, hatte er sich – wie er in einem Brief an GM Krismanić schreibt – noch nicht mit dem Operationsplan befasst, stimmte jedoch der Planung einer Defensionslinie im Raum Olmütz grundsätzlich zu.
Ab dem 10.06.1866 standen sechs Armee-Corps und fünf Kavallerie-Divisionen in Olmütz /Mähren bereit, allerdings verblasste die ursprünglich defensive Grundhaltung bei Olmütz, nachdem mehr und mehr Informationen über die Versammlung der preußischen Hauptmacht im Raum Görlitz in Sachsen bekannt wurde. Aus Wien eintreffende Nachrichten und der spürbare Druck auf Bendeck aus der Militärkanzlei des Kaisers, endlich zu handeln, führte am 17.06.1866 zum Entschluss, die Nord-Armee von Mähren nach Böhmen auf die Hochfläche nord-westlich der Elbe bei Josefstadt und Königgrätz zu verlegen und dort den Feind zu erwarten. Die Masse der Nord-Armee erreichte ihre zugewiesenen Räume in der Zeit vom 24. bis 29.06.1866.
Zu dieser Zeit war das I. Corps unter General Clam-Gallas, als einziges in Böhmen konzentriert, zusammen mit den verbündeten Sachsen bereits in heftige Gefechte mit den schnell vorrückenden Preußen im Norden von Böhmen verwickelt. Am 26.06.1866 kam es zu einem ersten Aufeinandertreffen von österreichischen Truppen, dem 32. Jäger-Bataillon, mit der preußischen Infanterie, der Brigade Schoeler. Hier zeigte sich zum
ersten Mal die verheerende Wirkung des preußische Zündnadelgewehres gegen die veraltete österreichische Angriffstaktik (Stoßtaktik), ein nach einer kurzen abgefeuerten Salve, mit gefälltem Bajonett auf den Feind losstürmen und ihn niedermachen. Während die Preußen etwa 50 Mann verloren, waren die Verluste bei den Österreichern fünfmal höher (ca. 280 Mann).
Die Verzögerungsgefechte des österreichischen I. Corps gegen die immer stärker werdende preußische Elb –, und 1. Armee entwickelten sich mehr und mehr zu Rückzugsgefechten.
Die Österreicher wurden förmlich vor den Preußen her getrieben und dem Befehlshaber des I. Corps, Graf Clam-Gallas, wurde klar, dass er die befohlene Linie westlich der Iser nicht halten konnte. Zur gleichen Zeit erkannte FZM Benedek, dass eine weitere Armee, die preußische 2. Armee unter dem Kommando des Kronprinzen bereits weit nach Böhmen vorgedrungen war und sich Gefechte mit den zur Sicherung der Nordflanke eingeteilten österreichischen VI. und X. Corps lieferte.
Benedek entschied sich, seine Hauptkräfte bei Jičín (deutsch Jitschin, früher Gitschin) zu sammeln und dann mit dem Sächsischen Corps gegen die Elb- und die 1. preußische Armee vorzugehen. Doch auch diese Stellung ließ sich später nicht halten, so dass es letztendlich zur Schlachtaufstellung zwischen Bistritz und Elbe bei dem Dorf Chlum kam.
Am 28. Juni 1866 hatte die Brigade Ringelsheim als Teil des I. österreichischen Corps erstmals Feindberührung. Das IR 73 „Württemberg“, als Teil der Brigade Ringelsheim, hatte den Auftrag, die tiefeingeschnittene Passstraße beim Schloss Kost bei Podkost
gegen feindliches Vordringen zu verteidigen, während sich die Reste der Brigade bei Sobotka sammelten.
Bei dem im Vorfeld liegende k.k. 26. Jäger Bataillon entwickelte sich in der Nacht zum 29. Juni 1866 die ersten Feuergeplänkel mit den vordringenden Preußen. Unter der Leitung von Hauptmann von Soyka war das Schloss und die enge Ortsdurchfahrt bereits befestigt und zur Verteidigung vorbereitet worden.
Am Morgen des 29. Juni etwa gegen 04:00 Uhr, musste das vorgeschobene 26. Jäger-Bataillon durch das massive Vordringen der preußischen Vorhut der 3. preußischen Division unter General von Werder zurückweichen und Position im und beim Schloss Kost beziehen. Es gab mehrstündige, schwere Angriffe gegen das Burgtor und das Brauhaus, die aber durch die auf den südlichen Höhen postierten österreichischen Geschütze und die Verteidigungsstellungen rund um das Schloss durch die „Württemberger“ abgewehrt werden konnten. Gegen 07:30 Uhr erhielt das Regiment den Befehl vom Brigadekommando mit den verbliebenen Truppen den Ort Podkost zu räumen und sich der Brigade Ringelsheim bei Jičín anzuschließen.
Das Gefecht kostete das IR 73 einen Toten und drei Verwundete während die Verluste beim 26. Jäger Baon und dem benachbarten IR 42 deutlich höher lagen.
Der ständige Rückzug des I. Corps von Clam-Gallas und des Sächsischen Armeekorps und die erfolglosen Rückzugs- und Verzögerungsgefechte (Münchengrätz, Turnau) führte mittlerweile bei den Offizieren und der Truppen zu Unruhe und Unmut über die Armeeführung. Da weder bis in die Ebene der Brigaden noch bis zu den einzelnen Regimentern ein Schlachtplan oder die weitere Absicht des Feldzuges bekannt war, wurden oftmals auf unterer Führungseben eigenmächtige und falsche Entscheidungen getroffen. Die Gesamtverluste des österreichischen I. Corps beliefen sich bis zum 29.Juni 1866 bereits auf fast 2.000 Mann.
Das Armeekommando fasste im Laufe des 29. Juni 1866 den Entschluss, die Position Jičín um jeden Preis zu halten und beauftragte das I. Corps einen Sperrriegel Nordwestlich der Stadt Jičín auf Höhe von Eisenstadtl (heute Železnice) bis zum Dorfes Lochow (Lochov) zu errichten. Die Brigade Ringelsheim wurde hierzu am linken Flügel unmittelbar an der Straße von Sobotka eingeteilt.
Gegen 13:00 Uhr erreichte die Brigade Ringelsheim die befohlenen Position bei Lochow und gegen 15:30 Uhr, als deutlich Kanonendonner hörbar wurde, erteilte General Ringelsheim die Befehle zur Gefechtsaufstellung. Die Regimentschronik vermerkt die Position so:
2. Baon nördlich der Straße von Sobotka in einem zu Ober-Lochow gehörigen Obstgarten.
3. Baon links rückwärts (südlich der Straße) Nähe des Weges zwischen Ober-Lochow und Wostruschno.
1. Baon hinter dem 2. Baon nördlich an der Straße.
Hinter dem 3. Baon südlich der Straße das 26. Jäger Baon.
Das IR 42 (Hannover) stand im 1. Treffen westlich von Ober-Lochow.
Die Brig Artillerie stand vor dem IR 42 auf dem Weg zwischen Unter-Lochow und Swincice-Berg.
3 Escadrons des 3. säch Reiterregiment in Staffeln links vorwärts des 26. JägerBaon.
Das Regiment Nikolaus Huszaren in einer Vertiefung bei Wohawec.
Die Lage für die österreichische Nord-Armee wurde immer kritischer. Die Meldung aus der Festung Josefstadt, nordöstlich von Königgrätz, über den immer stärker werdender Aufmarsch der 2. preußischen Armee, die Rückschläge des I. Corps und dem Sächsischen Armee-Corps bei den Gefechten um Jičín , die schweren Rückschläge des VIII. und des X. österreichischem Corps im Nordosten bei Burkersdorf und Soor und die Differenzen im Armeestab zwischen den kommandierenden Offizieren, zwangen FZM Benedek zum sofortigen Handeln.
In Abstimmung mit der Militärkanzlei des Kaisers wurden der Leiter der Operationsabteilung Generalmajor v. Krismanić, der Generalstabschef Feldmarschallleutnant v. Henikstein und der Kommandant des I. Corps Feldmarschallleutnant Graf Clam-Gallas von ihren Posten enthoben und nach Wien befohlen (nur Clam-Gallas reiste jedoch ab).
Die Auswirkungen der ersten Gefechte auf die Habsburger Truppen war hart. Schwere Verluste durch das Zündnadelgewehrfeuer und vor allem aber die Erkenntnis, dass die österreichische Taktik des geschlossenen Bajonettangriffs hier völlig fehl am Platze war, also der Eindruck der technischen und taktischen Überlegenheit des Feindes, führte zu einer Niedergeschlagenheit im gesamten Führungsstab. Zwar erließ Benedek eine scharfe Weisung, auf sinnlose Sturmangriffe mit dem Bajonett zu verzichten, konnte zu diesem Zeitpunkt die vertraute Taktik der Infanterie allerdings nicht mehr ändern.
Am ersten Tag des Juli 1866 musste es FZM Benedek klar geworden sein, dass er sich auf eine große Verteidigungsschlacht einzustellen hatte und von nun an nicht mehr offensiv gegen die preußischen Truppen vorgehen konnte.
Die Position der Habsburger Truppen am 1. Juli 1866 halbkreisförmig in östlicher Richtung und die Elbe im Rücken und umringt von drei preußischen Armeen, führten zum Entschluss, die Entscheidungsschlacht auf den Höhenzügen bei Clum und Lipa und östlich vom Flüsschen Bistritz auszutragen. Diese Stellung erlaubte an den flachen Hängen den Einsatz der Artillerie, der Übergang über die Bistritz im sumpfigen Ufergelände stellte ein natürliches Hindernis für die Infanterie und Kavallerie dar und die nur wenigen Brücken waren hinderlich für die Artillerie. Benedeks Blick war primär auf Prinz Friedrich Karl mit seiner 1. preußischen Armee im Zentrum gerichtet.
Die am Morgen des 3. Juli 1866 erlassene Schlachtaufstellung beschäftigte sich vordringlich mit der Mitte und dem Südflügel. Benedek glaubte, der preußische Kronprinz mit der 2. Armee stände vergleichsweise weit weg und es würde viele Stunden dauern, bis er das Schlachtfeld erreichen konnte. Aus diesem Grund wurden zur Sicherung der Nordflanke lediglich zwei Corps (IV. / II. Corps) eingeteilt.
Die Zentralstellung sollte nach Benedeks Plan die Entscheidung herbeiführen: Aus übereinander liegenden Stellungen konnte die Artillerie von den westlichen Höhen entlang der Bistritz wirken, ohne dass die preußische Artillerie aus der Tiefe die Möglichkeit der Gegenwehr hatte. In diesem Feuer musste die preußische Infanterie die Höhen stürmen, um dann mit den verdeckt gehaltenen Reserven niedergeworfen zu werden. Bei solch einem Sturmangriff könnte auch die gefürchtete Wirkung des Zündnadelgewehrs nicht zum Zuge kommen.
Ein guter Plan, doch leider sollte alles anders kommen. Das Fehlen einer einheitlichen Orientierung über Feind und eigene Absichten, die Eigenmächtigkeit von einigen Corps-Kommandanten, die altösterreichisch Nachlässig- und Schlampigkeit und das Unvermögen, von eingefahrenen Angriffsverfahren abzuweichen, führten zu einer der größten Katastrophen der österreichischen Armee.
...aus Sicht des k.k. Infanterie Regiment Nr. 73 „Württemberg“ dargestellt.
Die preußischen Truppen waren sehr frühzeitig an diesem verregneten, kühlen und nebligen Tag angetreten und gegen 07:30 Uhr begann die Schlacht mit dem Feuer der österreichischen Artillerie. Aber bereits bis zum späten Vormittag konnte im Zentrum die österreichische Infanterie bis an die Höhenzüge um Lipa zurückgedrängt werden.
An der rechten Flanke entwickelte sich ein tödlicher Kampf um den Swiepwald bei dem das IV. und II. Corps so schwer mitgenommen wurden, dass sie nicht mehr in der Lage waren, die gegen 13:00 Uhr eingetroffene 2. preußische Armee in irgendeiner Weise aufzuhalten. Gegen 15:00 Uhr war die Höhe Chlum in preußischer Hand und eigentlich die Schlacht geschlagen.
Im Laufe des Vormittags, als FZM Benedek noch beflügelt von den ersten Erfolgen der österreichischen Artillerie war, wollte er eine Entscheidung im Zentrum des Schlachtverlaufes herbeiführen. Er wollte genügend Reserven für einen nachhaltigen Schlag gegen einen möglichen massiven Angriff der Preußen bereithalten oder selbst mit einer überlegen Zahl den Sturm auf die 1. preußische Armee durchführen. Zu diesem Zweck ließ er die Armeereserve, die aus dem I. und VI. Corps bestand, in den Raum südlich von Rosberitz vorziehen. Zwei schwere Kavallerie Divisionen links und rechts an die jeweiligen Flügel und die Armee-Geschütz-Reserve nach rechts hinten versetzt.
Durch die Abberufung der Generale Henikstein, Krismanić und Clam-Gallas gab es auch einige Veränderungen in der Corps und Brigadestruktur. Der neue Kommandant des I. Corps wurde der „berüchtigte“ FML Graf Gondrecourt und der Brigade Kommandant Graf Ringelsheim wurde Befehlshaber des III. Corps. Zum neuen Brigadeführer wurde der Regimentskommandant des IR 73, Oberst Serinny, ernannt.
Ab etwa 14:30 Uhr wurde durch das Armeekommando die Rückeroberung der Höhe Chlum und Rosberitz durch das I. und VI. Corps befohlen. Zum gleichen Zeitpunkt gab es schon deutliche Rückzugsbewegungen der österreichischen Armee in östlicher Richtung, um über die Elbe zur Festung Königgrätz zu gelangen.
Der erste Sturmangriff des VI. Korps wurde massiv abgewehrt, so dass die letzte Reserve – das I. Corps - zum Sturm auf Chlum und Rosberitz ansetzte. Die Brigade Serinny
(ehemals Ringelsheim) mit dem IR 73 im ersten Treffen gefolgt von der Brigade Leiningen stürmte in Bataillonsmassen die Höhen zum Dorf Chlum. Jedoch auch dieser Angriff endete im Feuer des preußischen Zündnadelgewehr. Teile der Brigade Serinny gerieten in einen Hohlweg zwischen Rosberitz und Chlum, der zur tödlichen Falle wurde.
Zeitgenössische Beschreibungen sprechen von Strömen von Blut, die aus dem mit Leichen bis an den Rand gefüllten Hohlweg flossen.
Dieser letzte Sturmangriff der österreichischen Infanterie in der Schlacht von Königgrätz dauerte etwa 20 Minuten und führte zu einem Verlust von über 10.000 Mann.
Doch all diese Mythen halten einer modernen Sachkritik nicht stand.
Moltkes „geniale“ Idee vom „getrennt marschieren – vereint kämpfen“ dürfte wohl schon seit Friedrich II. von Preußen 100 Jahre früher bekannt gewesen sein und war eher ein notwendiges Übel des Bahntransportes und der geografischen Lage.
Die gesteigerte Feuerkraft des Zündnadelgewehres war lediglich in der Verteidigung ein entscheidender Vorteil und kann daher nur bedingt als schlachtentscheidend bewertet werden.
Ferner verfügte nur ca. ein Drittel der preußischen Artillerie über die viel gerühmten Krupp´schen Hinterlader-Geschütze, während die hervorragende Österreichische Artillerie bereits auf gezogene Hinterlader-Kanonen mit einer viel größeren Reichweite umgerüstet war.
Die Eisenbahn wurde nicht nur von Preußischen Truppen genutzt, soweit dies durch die gesprengten Bahnlinien und Brücken auf sächsischem Gebiet noch möglich war, sondern auch in umfangreicher Form von der Österreichischen Armee. Hierzu wurde eigens Transportkommandostellen an den wichtigsten Eisenbahnknotenpunkten eingerichtet und Truppen zum Schutz der strategischen Bahnlinien abgestellt.
Auch das Versenden von Telegrammen hatte auf keiner Seite einen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang der Schlacht. Im Übrigen nutzte weder die preußische noch die österreichische Armee den Vorteil der schnellen Kommunikation mittels Telegraph wirklich effizient.
Nicht unerwähnt soll hier auch die österreichische Kavallerie bleiben, die nach Expertenmeinung aus dieser Zeit zu der besten der Welt zählte.
Sicherlich sind die chaotische Gesamtsituation der Führung der k.k. Armee, der Ausbildungsstand, die Ausrüstung und Versorgung der Truppen einige - wenn nicht die - entscheidenden Faktoren zum katastrophalen Ausgang der Schlacht bei Königgrätz dar. FZM Ludwig August von Benedek, der populäre und erfolgreiche Feldherr der Südarmee in Italien, wurde durch Kaiser Franz Joseph I. förmlich dazu genötigt, das Kommando über die Nordarmee zu übernehmen.
Benedek war sehr unglücklich über die Entscheidung und zusätzlich erschwerend kam der Umstand hinzu, dass er es bei seinem Stab der Nordarmee mit zwei Generalstabsoffizieren zu tun hatte, die ihr Möglichstes taten, um den Feldzug in ein Desaster zu verwandeln. Zwar wurden Generalstabchef FML Freiherr von Henikstein und der Chef der Operationskanzlei, GM Gideon Ritter von Krismanić, am Tag vor der Schlacht von ihren Posten enthoben, allerdings waren da schon entscheidende falsche Befehle und Anordnungen getroffen worden.
Zu allem Überfluss waren einige österreichische Corps- Kommandanten und ranghöhere Offiziere Angehörige des Hochadels, die sich von einem „protestantischen Emporkömmling“ nichts sagen lassen wollten und trafen so während der Schlacht eigenmächtige und verheerende Entscheidungen. Oft wurden Angehörige des hohen Adels zu Generalen gemacht, deren einzige Qualifikation eben nur die Zugehörigkeit zu den großen Familien der Habsburger Monarchie war. Ein ganz wesentlicher Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden sollte, war die „Gier“ nach dem begehrten Maria-Theresia-Orden. Dieser war für Offiziere vorgesehen, die eine besonders außergewöhnlich tapfere Tat ohne ausdrücklichen Befehl begangen hatten. Deshalb wurden häufig selbsmörderische Angriff befohlen, die im Grunde aus taktischer Sicht nutzlos waren.
Darüber hinaus wurde durch eine jahrelange rigorose Sparpolitik die österreichische Armee in einen Zustand versetzt, der nur noch bedingt kriegstauglich war. Seit Jahren wurden verhältnismäßig viele Soldaten aus Kostengründen nach nur kurzer Ausbildung beurlaubt. Oftmals erfolgte keine oder eine nur sehr geringe Schießausbildung. Die Depotbestände wurden weder konserviert noch erneuert. Es fehlte an Uniformen, Wäsche, Kochgeschirren, Sätteln und Schuhen.
Die hölzernen Wasserflaschen, als Beispiel, waren morsch und undicht. Sämtliche Fahrzeuge waren altersschwach und nicht vollzählig. All diese Mängel mussten die Truppen auf den Schlachtfeldern um Königgrätz letztendlich mit dem Leben bezahlen.
Tatsächlich ist Königgrätz eine Zäsur in Strategie und Taktik der damaligen Art der Schlachtenführung dar. Besonders für die Österreichische Armee war Königgrätz eine sehr schmerzhafte Lektion. Die Stoßtaktik der Habsburger Infanterie, das ungedeckte, mit aufgepflanztem Bajonett „Niederrennen des Feindes“ war angesichts der Feuergeschwindigkeit des preußischen Zündnadelgewehr nahezu Selbstmord.
Die an alten Schlachttaktiken festhaltenden Generalstabsoffiziere schickten so sinnlos Bataillon für Bataillon in den sicheren Tod. Die Zeit der großen, breit aufgestellten Bataillonsformationen, die sich in offener Feldschlacht bekämpften, war mit Königgrätz 1866 endgültig vorbei.